Biographie

Adam von Trott zu Solz - Ein biographischer Überblick

zusammengestellt von Dr. Benigna von Krusenstjern und Ute Janßen

Adam von Trott zu Solz, Dr. jur. (* 9. August 1909 in Potsdam, † 26. August 1944 in Berlin-Plötzensee) war ein deutscher Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus.

Adam von Trott zu Solz war von Beginn an ein Gegner des nationalsozialistischen Regimes und setzte sich seit 1939 aktiv für dessen Sturz ein. Darüber hinaus entwickelte er weitreichende Ideen für ein freies, gemeinsames Europa in der Zukunft. Er gehörte zum Kern der Widerstandsgruppe „Kreisauer Kreis“ um Helmuth James von Moltke und Peter Graf Yorck von Wartenberg und war in enger Zusammenarbeit mit Claus Graf Schenk von Stauffenberg an der Verschwörung vom 20. Juli 1944 beteiligt.

Herkunft und Eltern

Adam von Trott zu Solz entstammte einer Familie des hessischen Uradels, die seit vielen Jahrhunderten – urkundlich nachweisbar seit 1253 – im heutigen Landkreis Hersfeld-Rotenburg in Nordosthessen ansässig ist. Stammsitze der Familie sind die Dörfer Solz und Imshausen, heute zur Stadt Bebra gehörig.

Über Generationen sind Mitglieder der Familie von Trott zu Solz im Landes- oder Staatsdienst hervorgetreten. Auch der Vater Adams, August von Trott zu Solz (1855-1938), trat nach seiner juristischen Ausbildung in den Staatsdienst ein, da er sich dem Gemeinwohl verpflichtet sah. Nachdem er sich bereits in mehreren Positionen als Verwaltungsfachmann empfohlen hatte, stieg er 1905 vom Regierungspräsidenten in Kassel zum Oberpräsidenten (d.h. Verwaltungschef) der preußischen Provinz Brandenburg in Potsdam auf. 1909-1917 war August von Trott preußischer Kultusminister im Kabinett von Reichskanzler Theobald von Bethmann Hollweg. 1917 wurde er Oberpräsident der Provinz Hessen-Nassau in Kassel, stellte aber 1919 wegen der politischen Umwälzungen in Deutschland sein Amt zur Verfügung und zog sich nach Imshausen ins Privatleben zurück. Von 1921-1926 vertrat er die Provinz Hessen-Nassau im Reichsrat, der neu geschaffenen Ländervertretung.

Die Mutter Adams war Eleonore von Trott zu Solz, geb. von Schweinitz (1875-1948). Ihr Vater, General Hans Lothar von Schweinitz, war Botschafter in Wien und St. Petersburg. Ihre Mutter, die Amerikanerin Anna Jay, war eine direkte Nachfahrin von John Jay, eines der Gründerväter der Vereinigten Staaten und unter Präsident George Washington erster Vorsitzender des Obersten Gerichts (Supreme Court). Die angelsächsische Prägung Eleonore von Trotts zeigte sich vor allem in ihrem sozialen und ökumenischen Engagement.

Kindheit und Schulzeit (1909-1927)

Adam von Trott zu Solz wurde 1909 als fünftes von acht Kindern in Potsdam geboren. Da sein Vater kurz vor seiner Geburt das Amt des preußischen Kultusministers übernommen hatte, zog die Familie bald darauf nach Berlin um. Dort verbrachte Adam seine ersten acht Lebensjahre. Seit 1915 besuchte er die Vorschule des Königlichen Französischen Gymnasiums am Berliner Reichstagsufer. Seine weitere Schulzeit wurde von mehreren Wechseln bestimmt: Nach der Übersiedlung der Familie nach Kassel besuchte er das dortige Wilhelms-Gymnasium. Als seine Eltern im Sommer 1919 ihren Wohnsitz aufs Land nach Imshausen verlegten, wurde er zunächst zwei Jahre privat unterrichtet und kam dann nach Kassel auf das Friedrichs-Gymnasium. Da es zwischen ihm und seinen Pensionseltern an einem Vertrauensverhältnis fehlte, gaben ihn seine Eltern zu Beginn des nächsten Schuljahres im April 1922 nach Hannoversch Münden. In den nächsten fünf Jahren bis zum Abitur besuchte er dort das Städtische Gymnasium und wohnte im Alumnat des Klosters Loccum. Während dieser Zeit begann Adam von Trott Kunst, Musik und besonders Literatur für sich zu entdecken. Seiner Begeisterung für sportliche Aktivitäten setzte damals wie später eine Herzschwäche Grenzen. Zeitweilig schloss er sich einer Splittergruppe der Jugendbewegen, den „Nibelungen, dem Bund für Jungwandern“ an, trat jedoch Ende 1924 wieder aus, weil der Bund ihn inhaltlich nicht überzeugte.

Studentenzeit und erste Auslandserfahrungen (1927-1931)

Mit erst 17 Jahren legte Trott im Frühjahr 1927 das Abitur ab. In Fortsetzung der Familientradition entschied er sich für das Jurastudium. Nach einem ersten Semester an der Ludwig-Maximilian-Universität in München wechselte er für die nächsten drei Semester an die Georg-August-Universität nach Göttingen. Dort wurde er auf Wunsch seines Vaters Mitglied des Corps Saxonia, zu dem er jedoch nach einem guten Jahr auf Distanz ging.

Als Einschnitt sollte sich für den 19jährigen Trott ein mehrwöchiger privater Aufenthalt im Herbst 1928 in Genf erweisen. Hier wurde sein lebenslanges Interesse für Politik geweckt. Als Sitz des Völkerbunds und zahlreicher anderer internationaler Organisationen war die 'Welthauptstadt' Genf damals ein Zentrum für Veranstaltungen internationaler Politik jeglicher Art. Die Möglichkeiten internationaler Zusammenarbeit und weltweiter Bemühungen um Frieden, die Trott hier beobachtete, sollten seine politischen Ziele bestimmen. Trotts erster Aufenthalt in England und damit der Beginn seiner großen Zuneigung zu diesem Land folgte Anfang 1929. Nach Stationen in Liverpool und London verbrachte er ein Trimester als Gaststudent am Mansfield College in Oxford. Er war beeindruckt vom politischen Realitätssinn der Engländer und fand in der britischen Labour-Bewegung ein Vorbild.

Nach seiner Rückkehr setzte Trott sein Jurastudium in Berlin an der Friedrich-Wilhelms-Universität fort. Daneben suchte er Kontakt zu Arbeitern und nahm an Diskussionen sozialistischer Zirkel teil. Ihn beunruhigten die soziale Not, die wachsende Arbeitslosigkeit und andere negative Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise. Um sich besser auf sein Examen vorbereiten zu können, kehrte Trott zum Sommersemester 1930 nach Göttingen zurück. Besorgt verfolgte er weiterhin die politische Radikalisierung, vor allem das Erstarken der Nationalsozialisten. Bei den Reichstagswahlen im September 1930 wählte er, soeben wahlberechtigt geworden, die SPD. Er teilte ihre Grundsätze und erhoffte er sich von ihr am ehesten eine Stabilisierung der Weimarer Republik.

Im Dezember 1930 bestand Adam von Trott sein juristisches Referendarexamen und promovierte ein halbes Jahr später mit einer Dissertation über „Hegels Staatsphilosophie und das Internationale Recht“ an der Universität Göttingen zum Dr. jur. Direkt danach trat er seinen Referendardienst am Amtsgericht in Nentershausen nahe Bebra an, unterbrach diesen jedoch im Oktober 1931, da er für ein zweijähriges Zusatzstudium in England beurlaubt worden war.

Rhodes-Stipendiat in Oxford (1931-1933)

Noch in seiner Examenszeit hatte sich Trott erfolgreich um ein Rhodes-Stipendium für ein Studium in Oxford beworben. Zur Begründung gab er an, seine „politische Kenntnis weiter ausbilden“ und besonders die Entwicklung der Labour Party aus der Gewerkschaftsbewegung und ihre Integration in das britische Staatsleben beachten zu wollen (Krusenstjern, Biographie Trott, S. 166).

Ab Oktober 1931studierte Trott in Oxford am Balliol College, bekannt für seinen Ruf als Politikerschmiede, die so genannten „Modern Greats“, eine festgelegte Kombination der Fächer Philosophie, Politik und Volkswirtschaft. Diesen Studienzyklus, den er bereits nach zwei (statt wie gewöhnlich nach drei) Jahren mit dem Bachelor of Arts-Examen abschloss, hat Trott als sehr gewinnbringend beurteilt: Neben der Vermittlung politischer Allgemeinbildung fördere er Urteils- und Kritikfähigkeit sowie praktischen Sinn für Politik. Trott war Mitglied mehrerer Clubs und Gesellschaften, u.a. der Oxford Union Society, berühmt für ihre parlamentarische Debattenkultur, des international ausgerichteten Bryce Clubs, der philosophischen Jowett Society, zu deren Präsidenten er sogar gewählt wurde, und – entsprechend seines besonderen Interesses – des University Labour Clubs. Daneben unterhielt er zahlreiche Kontakte zu Dozenten und Studenten verschiedener Colleges, woraus sich auch manche Freundschaften entwickelten. Großen Eindruck machte auf ihn Mahatma Gandhi, den er gleich zu Beginn seiner Oxforder Zeit auf einer Diskussionsveranstaltung erlebte. In London lernte Trott in Harold Laski und Richard Henry Tawney zwei namhafte Denker der Labour Bewegung kennen und in Sir Stafford Cripps einen aufstrebenden Labour-Politiker, der in den folgenden Jahren sein Freund und politischer Mentor wurde.

Ungeachtet seines Studiums im Ausland blieb Trott ein ständiger Beobachter der krisenhaften politischen Verhältnisse in Deutschland. Im Spätsommer 1932 beteiligte er sich selbst in Berlin an sozialistischen Arbeitskreisen, die nach Wegen suchten, die Nationalsozialisten zurückzudrängen. Im Kreis der „Neuen Blätter für den Sozialismus“ begegnete er dem dabei besonders engagierten SPD-Reichstagsabgeordneten Carlo Mierendorff. Zurück in England, bemühte sich Trott um Kontakte zwischen diesem Kreis und Vertretern der britischen Labour Party und warb auch öffentlich für die deutschen Sozialdemokraten.

Von der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler erfuhr Trott in Oxford aus einer Abendzeitung. Seinem Freund Charles Collins zufolge habe er sofort das „schreckliche Desaster“ erkannt, das Deutschland nun befallen habe, und auch, dass sich seine eigenen Zukunftsaussichten „fundamental verändert“ hätten (Krusenstjern, Biographie Trott, S. 212). Eine offene Opposition habe Trott für eine längere Zeit als unrealistisch betrachtet, es aber für notwendig erachtet, Regimegegner zu versammeln.

Referendarzeit im Dritten Reich (1933-1936)

Nach seinem Examen in Oxford setzte Trott ab Herbst 1933 seine juristische Referendarausbildung in einem völlig veränderten Deutschland fort: Am Amtsgericht in Rotenburg/Fulda, am Landgericht in Hanau sowie am Landgericht und an der Staatsanwaltschaft in Kassel. Für das obligatorische Anwaltspraktikum wählte er selbst ab Dezember 1934 bis April 1935 eine von Juden geführte Anwaltskanzlei in Berlin. Es folgten Referendarstationen am Kasseler Großen Amtsgericht, in der Verwaltung einer Hamburger Reederei und am Oberlandesgericht Kassel. Zwei Monate musste er auch an einem von den Nationalsozialisten zu politisch-ideologischem und militärischem Drill eingeführten Referendarlager bei Jüterbog teilnehmen.

Trotz erheblichen Drucks verweigerte Trott die Anpassung an das neue Regime. Formulare, mit denen er sich zum Beitritt in den Berufsverband (Bund Nationalsozialistischer Deutscher Juristen) und in die NSDAP verpflichten sollte, schickte er unausgefüllt zurück. Wegen seiner ablehnenden Einstellung zum Regime, die auch in einem Schulungszeugnis zur Sprache kam, wurde er nicht als Regierungsreferendar übernommen, und seine Zulassung zum Assessorexamen war lange Zeit gefährdet.

Ein Artikel im Manchester Guardian über antisemitische Verfolgung u.a. in deutschen Gerichten bewog Trott im Februar 1934, in einem spontanen Leserbrief seine eigenen Gerichtserfahrungen anzuführen, die diesen Vorwurf nicht bestätigten. Zu spät erkannte er, dass er sich damit dem Missverständnis aussetzte, die Judenverfolgung in Deutschland relativieren oder gar abstreiten zu wollen. Trott war jeglicher Rassismus fremd. Nach 1933 hielt er seine bisherigen Freundschaften zu Juden nicht nur aufrecht, sondern gewann weitere jüdische Freunde hinzu – unter diesen standen ihm Wilfrid Israel und Julie Braun-Vogelstein besonders nah. Rassisch und politisch Verfolgten half er auf vielfache Weise, scheute dabei auch persönliche Risiken nicht.

In Berlin knüpfte er Kontakte zu Regimegegnern unterschiedlicher Couleur, vom konservativen Ewald von Kleist-Schmenzin bis hin zu sozialistischen und kommunistischen Untergrundkämpfern, die er auch aktiv unterstützt hat.

1935 veröffentlichte Trott eine Auswahl der journalistischen und politischen Schriften Heinrich von Kleists. Sowohl mit der Zusammenstellung der Texte als auch in seiner doppelsinnigen Einleitung betont Trott die Notwendigkeit zum Kampf für Freiheit und Menschenrechte und lehnt die „Unterwerfung unter jede Ordnung, gleichsam der Ordnung wegen [...]“ ab (Trott, Einleitung, in: Kleist, Politische und journalistische Schriften, 1935, S. 10).

Im Oktober 1936 legte Trott sein Assessor-Examen ab. Da er nicht emigrieren, aber weiterem politischen Druck zeitweilig entgehen wollte, schob er eine berufliche Entscheidung auf. Stattdessen beantragte er bei der britischen Rhodes-Stiftung, das ihm noch zustehende dritte Stipendienjahr in Peking verbringen zu dürfen. Er verband damit die Absicht, in China Material für eine Habilitationsarbeit über den chinesischen Souveränitätsbegriff zu sammeln. Seinem Antrag wurde stattgegeben, und er reiste im Frühjahr 1937 über die USA, wo er sich mehrere Monate auf den Forschungsaufenthalt in China vorbereitete.

China im Krieg (1937-1938)

Bei seiner Ankunft in China im August 1937 geriet Trott mitten in den soeben ausgebrochenen japanisch-chinesischen Krieg. Trotz der widrigen Umstände und Hindernisse harrte er in China aus und versuchte seine Studien in Peking so gut es ging zu betreiben. Daneben verfasste er politische Denkschriften über den Krieg und dessen zu erwartende Folgen. 'Anschauungsunterricht' erhielt er bei mehreren Reisen durch das Land sowie nach Japan, Korea und in die Mandschurei. Durch seinen Aufenthalt in den USA und in Asien weitete sich Trotts politischer Horizont und verschaffte er sich eine globale Sicht.

Einsatz in England gegen den Krieg (Juni 1939)

Der Tod seines Vaters im Oktober 1938 führte zur frühzeitigen Rückkehr Trotts nach Deutschland. Vergeblich suchte er in den folgenden Monaten nach einem geeigneten Arbeitsplatz ohne den Preis eines Beitritts in die NSDAP.

Der von ihm als höchstgefährlich erachtete Expansionskurs Adolf Hitlers motivierte Trott zu einer politischen Initiative. Mit seinem langjährigen Freund, dem linken Oppositionspolitiker und Appeasement-Gegner Sir Stafford Cripps, beriet er im Juni in London über Möglichkeiten, einen Krieg noch abzuwenden. Parallel dazu gelang es Trott in Cliveden, dem Sitz der Familie Astor (David Astor war einer seiner Oxforder Studienfreunde), mit dem britischen Außenminister Lord Halifax ein Gespräch zu führen. Halifax, dem er sich als Regimegegner zu erkennen gegeben hatte, vermittelte ihm außerdem ein Treffen mit Premierminister Neville Chamberlain. In einem für Adolf Hitler verfassten halb-fiktiven Bericht über diese Gespräche wies Trott nachdrücklich darauf hin, dass die britische Regierung einen deutschen Angriff auf Polen nicht dulden, sondern als Kriegsgrund betrachten würde. Seine Warnung blieb jedoch wie andere dieser Art ungehört.

USA (1939/40)

Wegen seiner Fachkenntnisse über China und den japanisch-chinesischen Krieg wollte das Institute of Pacific Relations (IPR) in New York Adam von Trott als wissenschaftlichen Mitarbeiter gewinnen. Dank der Unterstützung durch das IPR und einer provisorischen Anstellung im Auswärtigen Amt durfte er trotz des Kriegsbeginns im September 1939 in die USA reisen. Während sich Trott beim IPR Anerkennung erwarb und zum ständigen Mitglied von dessen Internationalem Sekretariat gewählt wurde, verdächtigte ihn das FBI, ein Nazi-Spion zu sein. Als Ergebnis der Dauerbeobachtung bescheinigte ihm das FBI jedoch die Absicht, „das gegenwärtige Regime in Deutschland zu stürzen“ (Krusenstjern, Biographie Trott, S. 402).

Trott hatte sich 1939 der entstehenden deutschen Widerstandsbewegung angeschlossen – zu seinen Mitstreitern gehörte u.a. Helmuth James von Moltke. Ungeachtet des hohen Risikos suchte Trott die Ziele und Probleme der deutschen Umsturzbewegung in den USA bekannt zu machen und beriet die Staatsstreich-Pläne mit kundigen deutschen Exilanten. Obwohl ihn amerikanische und britische Freunde dringend davor warnten, ließ sich Trott von der Rückkehr nach Deutschland nicht abhalten. Zur Begründung führte er an, dass er „dem verbrecherischen Treiben des Nazi-Regimes gegenüber nicht in Untätigkeit verharren könne“ (Krusenstjern, Biographie Trott, S. 401).

Im Auswärtigen Dienst (1940 -1944)

Nach einer abenteuerlichen Reise über Japan, China und Sibirien zurück in Berlin, nahm Trott ein Angebot des Auswärtigen Amtes an und wurde ab 1. Juni 1940 wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Informationsabteilung. Statt der vertraglich zugesagten „gutachtlichen Tätigkeit in Fragen des Fernen Ostens und der Vereinigten Staaten“ setzte man ihn als Referatsleiter ein, zuständig für die Propaganda und Gegenpropaganda in Großbritannien, den USA und im Fernen Osten. Diese Arbeit behagte Trott überhaupt nicht, doch erwies sich die Stelle als geeignete Basis für seine Tätigkeit im Widerstand. Ihm standen im Auswärtigen Amt vielfältige und unverdächtige Informations- und Kontaktmöglichkeiten zur Verfügung, und er durfte ins neutrale Ausland reisen. Zu seiner Tarnung trat er, ein aktiver Widerstandskämpfer, Ende Juni 1940 der NSDAP bei.

Obwohl Referatsleiter, wurde Trott erst zum 1. Juli 1941 als Wissenschaftlicher Hilfsarbeiter in ein unbefristetes Angestelltenverhältnis übernommen. Es gelang ihm, die unliebsame Zuständigkeit für Großbritannien und nach dem Kriegseintritt der USA auch für diese abzugeben und nur die für Ostasien zu behalten. Nach der Zusammenlegung der Informations- und Kulturabteilung zur Kulturpolitischen Abteilung im Frühjahr 1943 blieb dies weiterhin sein Ressort.

Seit Juni 1941 war Trott zusätzlich mit der Betreuung des Inderführers Subhas Chandra Bose beauftragt und zugleich mit der Leitung des Sonderreferats Indien. Bose hatte in Berlin Zuflucht gesucht, um hier Unterstützung bei seinem Kampf für die Unabhängigkeit Indiens zu gewinnen. Da die deutsche Regierung dieses Ziel keineswegs teilte, hatte Trott die heikle Aufgabe, den eigenwilligen Inder „auf einem Weg bitterer Enttäuschung“ zu begleiten und seine Propagandaaktivitäten zu organisieren. Schließlich verhalf er Bose zum Verlassen Deutschlands.Trotts Geschick im Umgang mit Bose trug ihm bei seinem Vorgesetzten, Staatssekretär z.b.V. Wilhelm Keppler, einen guten Ruf ein, der, ohne etwas von dessen eigentlicher Rolle zu ahnen, 1943 seine Beförderung zum Legationssekretär und danach zum Legationsrat durchsetzte.

In seinem Zuständigkeitsbereich setzte sich Trott u.a. durch Dienstverpflichtung für die Rettung von Juden ein. Hierbei arbeitete er auch mit Bekannten im Amt Ausland/Abwehr zusammen.

Heirat und Familie

Im Juni 1940 heiratete Adam von Trott die 22jährige Clarita Tiefenbacher, die Tochter eines Hamburger Rechtsanwalts. Seiner Mutter stellte er seine künftige Frau u.a. mit den Worten vor: „Sie versteht, was mir im Leben am wichtigsten ist, und wird mir helfen, darum zu kämpfen.“ (Clarita von Trott, Adam von Trott (1994), S. 150) Clarita wusste, dass sie einen Widerstandskämpfer heiratete. Sie unterstützte ihren Mann nach Möglichkeit, war aber auch in großer Sorge angesichts der Lebensgefahr, der er sich ständig aussetzte. Details, die sie bei einer Verhaftung belastet hätte, teilte er ihr vorsichtshalber nicht mit.

1942 wurde ihre Tochter Verena in Berlin und 1943 ihre Tochter Clarita in Imshausen geboren.

Im Widerstand (1939-1944)

Seit 1939 knüpfte Adam von Trott in Deutschland unter Zivilisten und Militärs ein breites Netz von Widerstandskontakten. Im Auswärtigen Amt wurde er zwar von einzelnen Mitarbeitern bei Gelegenheit unterstützt, eine Widerstandszelle aber baute er dort nicht auf. Er und sein Kollege Hans Berns von Haeften fanden das Zentrum ihrer konspirativen Tätigkeit im „Kreisauer Kreis“. Dieser Kreis – später nach dem Moltkeschen Gut Kreisau benannt – wurde ab 1940 von Helmuth James von Moltke und Peter Graf Yorck von Wartenburg initiiert. Mit seinen Kernmitgliedern, zu denen Trott gehörte, war der Kreis ein Teil der Umsturzbewegung. In der Frage des Attentats, die Trott für unvermeidlich hielt, gab es unter den Kreisauern allerdings keine Übereinstimmung. Der Schwerpunkt des Kreises lag in der Erarbeitung von programmatischen Entwürfen für die Zukunft, an denen auch Trott beteiligt war. Mehr noch als für die Neuordnung im Innern interessierte sich Trott für die Schaffung eines dauerhaften Friedenssystems in Europa. Bereits 1939 hat er in den USA weitreichende europapolitische Ideen skizziert und diese 1941 und 1943 in zwei in der Schweiz abgefassten Schriften genauer ausgeführt.

Für die vordringliche und unerlässliche Aufgabe des Widerstands hielt Trott den Regimesturz und drängte jahrelang beharrlich darauf. Zwischen 1940 und 1944 gelang es ihm, elf Dienstreisen in die Schweiz, vier nach Schweden und eine in die Türkei zu arrangieren. In den besetzten Niederlanden riskierte er vier Treffen mit niederländischen Widerstandskämpfern. Überall war Trott bemüht, auf verschiedensten Wegen Kontakte zu den Alliierten herzustellen, um den Staatsstreich außenpolitisch abzusichern. Wichtige Unterstützung gewährte ihm dabei Willem Adolf Visser 't Hooft, der Generalsekretär des in Genf entstehenden Ökumenischen Rates. Im Mai 1942 konnte Visser 't Hooft eine Denkschrift des Widerstands nach London mitnehmen und sie dort Trotts Freund Stafford Cripps überreichen, der sie Sir Winston Churchill vorlegte. Obwohl der britische Premierminister die Denkschrift als ermutigend einschätzte, wurde sie gemäß seiner Direktive des „völligen Stillschweigens“ („Absolute Silence“) gegenüber allen Kontaktversuchen aus Deutschland nicht beantwortet. Die strikte Einhaltung dieser Direktive sowie die im Januar 1943 vom amerikanischen Präsidenten Franklin D. Roosevelt und Churchill verkündete „bedingungslose Kapitulation“ („Unconditional Surrender“) verhinderten den Erfolg auch aller weiteren, stets höchst riskanten Bemühungen Trotts und seiner Mitstreiter. Somit blieben die Widerstandskämpfer bis zuletzt im Unklaren über das Verhalten der Alliierten im Falle eines Umsturzes in Deutschland.

Obwohl Trott mehrere misslungene Anläufe zum Staatsstreich miterlebt hatte und die Schwäche des deutschen Widerstands kannte, setzte er neue Hoffnungen auf Claus Graf Schenk von Stauffenberg, als sich dieser im Herbst 1943 an die Spitze der Umsturzbewegung stellte. Zusammen mit dem Sozialdemokraten Julius Leber gehörte er zu den engsten zivilen Mitarbeitern Stauffenbergs. Auf Empfehlung Lebers suchte Trott Ende Juni 1944 den jungen Sozialisten Willy Brandt in seinem Stockholmer Exil auf, informierte ihn über den bevorstehenden Umsturz und bat ihn, sich „der neuen Regierung zur Verfügung zu stellen“ (Brandt, Erinnerungen, S. 137).

Am Vorabend des 20. Juli kam Stauffenberg zu Trott und ließ sich von ihm zu Attentat und Umsturz bestärken.

Der 20. Juli 1944 und seine Folgen

Das Scheitern von Attentat und Umsturz und der Verlust des Freundes Stauffenberg trafen Trott schwer. Dennoch ist überliefert, dass er, den eigenen sicheren Tod vor Augen, die Entscheidung zum Handeln für richtig gehalten hat: „Es sei doch gut, dass sich Leute gefunden hätten, die wenigstens den Versuch gewagt haben, diese Gewaltherrschaft zu brechen. Das bleibe eine historische Tatsache.“ (Krusenstjern, Biographie Trott, S. 508)

Trott wurde am 25. Juli verhaftet und nach endlosen Verhören, auch unter Anwendung der Folter, am 15. August vom „Volksgerichtshof“ zum Tode verurteilt. Nach elftägiger Haft in völliger Isolation wurde Adam von Trott zu Solz am 26. August 1944 im geheimen in Berlin-Plötzensee hingerichtet. Er war gerade 35 Jahre alt.

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